Die Radlobby Klosterneuburg hat die Unfallstatistik von Statistik Austria und KFV ausgewertet. In der Stadt und ihren Katastralgemeinden gab es zwischen Anfang 2022 und Ende 2024 insgesamt 177 Verletzte bei 162 Unfällen mit Radbeteiligung. Durchschnittlich fast alle sechs Tage ein:e verletzte: Radfahrer:in, das ist eindeutig zu viel!

Die Unfallstatistik zeigt: Klosterneuburg muss in die Sicherheit für Radfahrende investieren. (Bild: pixabay/Ette07)

„Wir haben uns die Unfallstatistik etwas genauer angesehen, um daraus Schlüsse zu ziehen, wie wir die Verletztenzahlen senken können – durch Bewusstseinsbildung und in Kooperation mit der Stadtgemeinde“, erklärt Robert Koch von der Radlobby Klosterneuburg.
An den 162 Radunfällen mit Personenschaden waren 166 Fahrräder, 13 E-Scooter, 12 E-Bikes, 53 Pkws und fünf Fußgänger:innen beteiligt – glücklicherweise kein Lkw oder Bus. Der jüngste Unfallbeteiligte war fünf Jahre und als „Beifahrer“ auf einem E-Scooter unterwegs. Der älteste Radfahrer in der Statistik ist 90, er wurde von einem ausparkenden Pkw-Lenker zu Fall gebracht. Der älteste Pkw-Lenker (91) verursachte einen Frontalunfall mit einem 61-jährigen E-Biker.

Unfallursachen und Verschuldensfrage

Bei den Unfällen waren 145-mal Unaufmerksamkeit bzw. Ablenkung, 39-mal vorschriftswidriges Verhalten, 33 Vorrangverletzungen, 19-mal zu hohe Geschwindikeit, 14-mal ungenügendes Rechtsfahren, elfmal zu geringer Sicherheitsabstand und siebenmal Missachtung von Fahrverboten im Spiel. Bei 19 Unfallbeteiligten wurde eine Alkoholisierung und/oder Drogenkonsum festgestellt. Weiters gab es sechs Unfälle beim Überholen, acht an Ausfahrten und drei durch unachtsam geöffnete Autotüren (Dooring).

Hotspot Wiener Straße: enger Geh- und Radweg mit nicht einsehbaren Ausfahrten und Kreuzungen.

Österreichweit lag das Hauptverschulden bei Unfällen zwischen Rad und zweispurigem Kraftfahrzeug im Vorjahr zu 74 Prozent bei den Pkw-Lenker:innen (und zu 73 Prozent bei Lkw-Lenker:innen). Wer das der Radlobby nicht glaubt, kann es auch beim ÖAMTC nachlesen.
Und in Klosterneuburg? Hier kommt es im Dreijahresschnitt alle drei Wochen zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden zwischen Pkws und Rädern (inkl. E-Bikes und E-Scooter). Bei 37 dieser 52 Unfälle lag das Hauptverschulden bei den Pkw-Lenker:innen, das sind 71 Prozent.
Angesichts der vielen engen Geh- und Radwege in Klosterneuburg und des auch stark von Rennradfahrenden genutzten Donauradwegs hat die Radlobby auch die Unfälle zwischen Radfahrenden und Fußgänger:innen ausgewertet. Davon gab es innerhalb von drei Jahren erfreulicherweise nur fünf. Die Hauptschuld lag zweimal bei den Radfahrenden und dreimal bei den Fußgännger:innen. Zwei Radfahrende und ein E-Scooterfahrer waren beim Unfall auf dem Gehsteig unterwegs. Ein Fußgänger brachte gleich zwei E-Bikerinnen zu Sturz.

Bundesweit lag die Rate an Alleinunfällen von Radfahrenden 2024 bei 49 Prozent (vgl. Statistik Austria). In Klosterneuburg waren es in den untersuchten drei Jahren 72 Alleinunfällen oder 44,4 Prozent. „Diese Zahlen müssen wir noch einer genaueren Betrachtung unterziehen“, so Koch. Es gilt herausfinden, ob da immer nur eigene Unachtsamkeit im Spiel war oder auch die bestehende Radverkehrsinfrastruktur bzw. deren Fehlen in etlichen Bereichen. Ein Klassiker sind Alleinunfälle mit Randsteinkanten, von denen Klosterneuburg viele im Radnetz hat.

Hotspot Donaustraße: 17 Radunfälle 2022-2024 auf diesem Klosterneuburger Teilstück des EuroVelo 6 (Donauradweg)
Unfallhäufungspunkte

Die meisten Radunfälle mit Personenschaden ereigneten sich hier:
Donaustraße: 17
In der Au: 14
B14: 12
Wiener Straße: 11
Strandbadstraße: 10
L120: 8
Am Durchstich: 7
Leopoldstraße: 6
L116: 6
Rollfährenstraße: 4
L118: 3
Niedermarkt: 3
Aufeldgasse: 3

Fahrerflucht bei jedem siebten Unfall

Verletzte liegenzulassen geht gar nicht! Bei 13 der 90 Unfälle mit mehreren Beteiligten und Personenschaden machten sich Unfallenker:innen aus dem Staub, zehn mit dem Pkw, je einer mit Fahrrad und E-Bike sowie eine Person mit nicht näher genanntem Verkehrsmittel.

Statistiken richtig lesen und bewerten

Allerdings scheint nur ein Teil der tatsächlichen Radverkehrsunfälle in der Statistik auf. Das KFV führt Stichprobenerhebungen in Krankenhäusern durch (IDB Austria) und kommt zum Schluss, dass nur jeder vierte Radverkehrsunfall in der offiziellen Statistik aufscheint (vgl. hier, S.5). Nicht wenige Radfahrer:innen stehen nach einem Sturz wieder auf und merken erst später, dass es doch mehr ist als nur ein paar blaue Flecken. Haben wir also in Wahrheit sogar vier verletzte Radfahrer:innen pro Woche in Klosterneuburg? Wir wissen es nicht, können allen Radfahrenden aber nur raten, gut aufzupassen – auf sich selbt und die anderen.

Zur Bewertung der Verkehrssicherheit reichen absolute (Unfall-)Zahlen allerdings nicht aus. Wenn Medien über steigende Zahlen von verletzten Radfahrer:innen berichten, dann stimmt das zwar. Da aber auch der Radverkehr stark zugenommen hat, sind Radfahrende heute pro gefahrenem Kilometer oder pro gefahrener Stunde sicherer unterwegs als noch vor einigen Jahren. Das zeigte die Radlobby schon vor acht Jahren auf (Grafik unten). Und seither ging es mit dem Radverkehr weiter bergauf. Allein in Wien stieg der Radanteil (Modal Split) von 2019 bis 2024 von sieben auf elf Prozent (vgl. hier). Der Ausbau einer zeitgemäßen Radverkehrsinfrastruktur trägt ebenfalls wesentlich zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Zudem tragen immer mehr Menschen einen Radhelm. Der Effekt „Safety in Numbers“, auch Smeed’s Law genannt, zeigt, dass mit steigender Zahl von Verkehrsteilnehmer:innen auch deren individuelle Sicherheit zunimmt (vgl. hier).

Ein Radunfall mit Personenschaden pro Woche ist einer zu viel