Stellungnahme der Radlobby Melk an die beurteilenden Sachverständigen:

(Melk, 12.8.2019) Der erste Planentwurf für den Umbau der Melker Rollfährenstraße – Stand 12. August 2019 – weist mehrere gravierende Mängel auf, auf die Radlobby Melk hinweisen möchte.

 Ausgangslage:

Die Rollfährestraße in Melk (Länge ca. 630 m, derzeit ein 5m-breites Betonband in schlechtem Erhaltungszustand) ist Teil des Donauradwegs und erschließt auch ein wichtiges stadtnahes Naherholungsgebiet von Melk, die Donauauen.

Hier bewegen sich sehr viele Touristen von den Donaukreuzfahrtschiffen zu Fuß in die Stadt und zurück, die Donauradler kommen durch, Busse bringen/holen Touristen, Pkw fahren zu Parkplätzen (kein Pkw-Durchzugsverkehr, da Sackgasse).

 

Stichprobenartige Zählungen der Radlobby Melk (Sonntag & Wochentag) ergaben  2150 Bewegungen pro Tag, davon 75 % Fußgänger und Radfahrer (ungefähr je zur Hälfte), 18 % Pkw, 4 % Busse (detaillierte Zahlen am Ende) – die Stadtgemeinde bestätigt die Größenordnung der Mengen.

Der Umbau wird geplant unter dem Titel „Lückenschlüss am Donauradweg“ (Diktion der Stadtgemeinde).

Das NÖ-Straßengesetz statuiert in § 9: „Öffentliche Straßen sind so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie dem zu erwartenden Verkehr entsprechen. … und bestehende Schutzgebiete schonen.

Und in § 12a Öffentliches Interesse: (1) Im Bewilligungsverfahren gemäß § 12 ist zu prüfen, ob das Straßenbauvorhaben im öffentlichen Interesse liegt. (2) Ein Straßenbauvorhaben liegt insbesondere dann im öffentlichen Interesse, wenn die Sicherheit oder Flüssigkeit des Verkehrs verbessert wird, wobei insbesondere auf die Interessen der Fußgänger und Radfahrer Bedacht zu nehmen ist

Ist-Situation & vorliegende Planung:

Derzeit ist die Rollfährenstraße (auf 5 m Breite) im Mischverkehr organisiert (de facto Begegnungszone), der gut funktioniert – alle nehmen aufeinander Rücksicht, Autos & Busse fahren angesichts der Massen an Fußgänger und Radfahrer langsam und vorsichtig.

Der geplante Umbau im Trennprinzip erfordert enorm viel Platz (Verbreiterung von 5 auf bis zu 11,5 m) , führt zu ausgedehnter Flächenversiegelung (breite Straße, riesiger Parkplatz) im sensiblen Natura 2000 Gebiet. In Zeiten der Klimaerhitzung und fortschreitender Bodenversiegelung große Themen.

Die naheliegende Lösung wäre auf dieser Ist-Situation aufzubauen: neuer Belag, ev. 7 statt 5 m, rechtliche Klarstellung – z.B. als Begegnungszone (was sie de facto derzeit ist), mit Beschilderung, und Piktogrammen auf dem Belag.

Oder als Fahrradstraße (auf der Zu- und Abfahren für Autos/Busse erlaubt ist)

Der geplante Umbau wird argumentiert:

  • Es handle sich um einen „Lückenschluss am Donauradweg“. Tatsächlich verschlechtert die geplante Lösung die Situation für Radfahrer und Fußgänger deutlich, schafft neue Konfliktpotenziale und Gefahrenstellen.
  • Auch das Argument der „Erhöhung der Verkehrssicherheit“ hat keine sachliche Grundlage: Es gibt derzeit keine Unfälle (außer Stürze von Radfahrern aufgrund des schlechten Straßenzustands)

Hauptkritikpunkte an der Planung :

  • Die Planung nimmt keine Rücksicht auf die tatsächlichen Verkehrsmengen (75 % Fußgänger & Radfahrer) wie es das NÖ Straßengesetz vorschreibt.
  • Gefährliche neue Vorranglösung bei Kreuzung/Einmündung Autobrücke/Rollfährestraße:

Die Rollfährenstraße – heute eine durchgehende gerade Verbindung im Zuge des Donauradwegs – wird in der Planung zweigeteilt. Der Vorrang wird geändert:  die von der Autobrücke kommenden Autos biegen laut Planung (mit Vorrang), ohne halten zu müssen wie bisher, ungebremst in die Rollfährenstraße Richtung Donau ein – wo täglich zahlreiche Fußgänger und Radfahrer (75 % der Verkehrsmenge) entlang gehen und fahren.

Das schafft absehbar neue Gefahren für die vielen Fußgänger und Radfahrer, wenn sie vom absehbar zeitweise überfüllten 4m-Geh-/Radweg auf das wenig befahrene Straßenband für Autos und Busse ausweichen.

Auch sind wohl weitgehende Rodungen nötig, um an dieser T-Kreuzung für die Vorrang habenden Autos ausreichend Sichtbeziehung auf den Verkehr auf der Rollfährenstraße zu schaffen.

Vorschlag der Radlobby: Beibehaltung des Nachrangs an der Einmündung in die Rollfährenstraße (am besten mit Stopptafel), damit Autos und Busse an der Einmündung in die Rollfährenstraße stehen bleiben müssen, dadurch registrieren, dass sie nun in eine stark von Fußgängern und Radfahrern frequentierte Straße einbiegen und in angemessen gesenkter Geschwindigkeit die restlichen 260 m bis zur Donau fahren.

  • Unverständliche Verschwenkung des Geh-Radweg quer über Autospur: An der Kreuzung Autobrücke/Rollfährestraße wird der Radweg quer über die Autofahrbahn auf die andere Straßenseite verschwenkt – verkehrsplanerisch ist das nicht nachvollziehbar, Radfahrer und Fußgänger müssen hier dann die Autospur queren, was neue Konfliktpunkte schafft (überall sonst am Donauradweg werden solche Querungen aus guten Gründen vermieden und entfernt).
  • 450 m2 Buswendehammer mitten auf der Rollfährenstraße (für ganze 4 Busse am Tag):

Am stadtnahen Ende der Rollfährenstraße, vor der Hubbrücke & Eingang Festzelt Donauarena – sieht die Planung einen Bus-Wendehammer (Durchmesser 24 Meter; 450 m2) vor (für 4-5 Busse pro Tag in der Saison, die dort hinfahren sollen, um jene gehschwachen Schifftouristen aufzunehmen, die zwar vom Stift runter gehen, aber denen dann die restlichen 630 m von der Hubbrücke bis zu den Schiffen zu weit ist). Mit einem „Lückenschluss des Donauradwegs“ hat das nichts zu tun – im Gegenteil: die runde 1.600 Fußgänger und Radfahrer müssen drum herum gehen – oder bei Aufhebung der Benutzungspflicht auf eigene Gefahr über die Businfrastruktur gehen – nur weil alle 2 Stunden hier ein Bus eine Runde zieht; die 7 Monate außerhalb der Saison fährt hier gar kein Bus (momentan halten diese Busse jenseits der Hubbrücke an der Linienbus-Haltestelle an der B1 – hier wäre es sinnvoll eine rechtskonforme Lösung an der B1 zu finden).

  • Die Führung des Radweg ist laut Planung teilweise auf Hochbord vorgesehen (Nähe Festzelt) – auch hier werden neue Gefahrenquellen geschaffen, wenn es in Spitzenzeiten auf dem Radweg eng wird.

 Mit der Bitte diese Überlegung in Ihre Beurteilung des Projektes Rollfährenstraße einfließen zu lassen, verbleibe ich.

Mit besten Grüßen

Mag. Christian Höller

Sprecher der Radlobby Melk

Anhang:

Aktuelle Zählungen der Verkehrsmengen in der Rollfährestraße:

Verkehrszählung 2-Tage-Durschschnitt aus So. 30.6. & Do. 18.7. 2019:

Ergebnis – Gesamt-SUMME: 2150 Bewegungen

Fußgänger/innen:  801 (37 % = 67 pro Stunde)

Fahrrad: 826 (38 % = 69 pro Stunde)

  • 75 % Fußgänger und Radfahrer

Pkw (inkl. Klein-Lkw): 403 (19 % = 34 pro Stunde )

Busse: 85 (4 % = 7 pro Stunde)

Motorräder/-roller: 24 (1 % = 2 pro Stunde)

Lkw (vor allem Gemeinde-Klein-Lkw): 11 (0,5 % = fast 1 pro Stunde)

 

  1. Zähltag: Verkehrszählung So. 30.6. 2019:

Ergebnis – Gesamt-SUMME: 1.807 Bewegungen

Fußgänger/innen: 786 (= 44 % = 66 pro Stunde)

Fahrrad: 585 (= 32,4 % = 49 pro Stunde)

Pkw (inkl. Klein-Lkw): 335 (= 19 % = 28 pro Stunde)

Busse: 64 (3,5 % = 5 pro Stunde)

Motorräder/-roller: 37 (2 % = 3 pro Stunde)

Lkw: keine

 

  1. Zähltag: Verkehrszählung Do. 18.7. 2019:

Ergebnis – Gesamt-SUMME: 2492 Bewegungen

Fußgänger/innen:  817 (33% der Bewegungen = 68 pro Stunde)

Fahrrad: 1066 (43 % = 89 pro Stunde)

Pkw (inkl. Klein-Lkw): 470 (19 % = 39 pro Stunde )

Busse: 106 (4 % = 9 pro Stunde)

Motorräder/-roller: 11 (0,4 %)

Lkw (vor allem Gemeinde-Klein-Lkw): 22 (0,9 %)

 

 

Rollfährestraße Melk – Planungsmängel aus Sicht der Radlobby Melk
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